Der innere Beobachter

Du hast die Fähigkeit, Dinge zu beobachten. Diese Fähigkeit kannst du dir zunutze machen, indem du deine innere Achtsamkeit entwickelst.

Achtsamkeit, ein Begriff, der einem seit geraumer Zeit an jeder Ecke begegnet, meint: Im jetzigen Augenblick präsent zu sein, die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt zu richten.

 

Das Erleben geschieht immer im jetzigen Moment, auch wenn du mit deinen Gedanken immer wieder in die Zukunft oder in die Vergangenheit abschweifst und damit beschäftigt bis, was gewesen ist und was noch passieren könnte. Doch nur im Hier und Jetzt kannst du voll da sein, nur mit der Aufmerksamkeit im jetzigen Moment entsteht echter Kontakt - zu anderen Menschen und zu dir selbst.

Du bist in der Lage, dich bewusst zu entscheiden, deine Aufmerksamkeit  auf den jetzigen Moment zu richten. Und die Instanz, die alles in dir und um dich herum im Jetzt registriert, ist der innere Beobachter.

 

Du beobachtest dich und die Situationen, die du erlebst, mehr oder weniger den ganzen Tag. Doch oft wirst du feststellen, dass, nachdem etwas deine Aufmerksamkeit erweckt hat, du es sofort gedanklich bewertest. Du bewertest, ob du etwas als gut oder schlecht ansiehst, ob es sich angenehm oder unangenehm anfühlt, es dir förderlich oder hinderlich erscheint.

 

Den inneren Beobachter zu kultivieren meint, dieses innere Kommentieren und Kategorisieren in den Hintergrund treten zu lassen und dich stattdessen auf das reine Wahrnehmen zu konzentrieren.

Der innere Beobachter beobachtet, ohne zu bewerten.

Wie eine Kamera, die etwas filmt, wie ein Tonbandgerät, was Geräusche aufzeichnet, wie ein Messgerät, was Zustände registriert, nimmst du wahr, ohne darauf zu reagieren. Du lässt einfach alles wie es ist und schaust es dir an und wirst dem gewahr.

 

Wenn du bereits Erfahrungen mit Meditation gesammelt hast, wird dir die Haltung des inneren Beobachters vermutlich recht vertraut sein. Du kannst mit dieser Haltung  experimentieren und untersuchen, ob es dir gelingt, die innere beobachtende Instanz im Alltag aufrechtzuerhalten, bzw. vielleicht in bestimmten Situationen bewusst einzunehmen.

 

Wozu ist das gut?

Den inneren Beobachter zu kultivieren kann dir dabei helfen, dass du dich mehr auf dich selbst konzentrieren kannst. Du kannst in Situationen, in denen es hektisch zugeht, mehr bei dir bleiben, ohne sofort reagieren zu müssen. Indem du deine Aufmerksamkeit insbesondere darauf richtest, was in dir vorgeht, kannst du dich besser spüren und bemerken, was eine Situation in dir auslöst.

Du bist in der Lage zu registrieren, welche Gedanken eine Situation in dir hervorruft und welche Gefühle und Emotionen entstehen. Im idealfall und mit etwas Übung, bist du in der Lage, innezuhalten und kannst dich bewußt für oder gegen eine bestimmte Reaktion entscheiden. Du kannst dich sogar dafür entscheiden, gar nicht zu reagieren, sondern nur wahrzunehmen, was gerade in dir und um dich herum passiert.

 

Oder du gehst innerlich in die Distanz, indem du deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem richtest. So bist du in der Lage, dich von einer Situation nicht überrollen zu lassen.

 

Wenn du bisher wenig Erfahrung mit Achtsamkeitsübungen gemacht hast, lass dir Zeit und spiele mit deiner Fähigkeit, dich und die Dinge um dich herum zu beobachten. Schau einfach, was geschieht. Und wenn es dir schwer fällt, im jetzigen Moment zu verweilen und du gedanklich abschweifst, dann nimm auch das einfach zur Kenntnis. In dem Moment, wenn du registrierst, dass du gerade über etwas nachdenkst, ist das bereits wieder ein Moment der Achtsamkeit und der innere Beobachter ist wieder anwesend.

 

Hier noch eine kleine Hilfestellung, um im Alltag die Haltung des inneren Beobachters einzunehmen:

Richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Körper. Nimm deine Fußsohlen wahr und spüre den Boden unter deinen Füßen. Wenn du sitzt, nimm wahr, welche Körperstellen den Stuhl oder den Sessel berühren.

Nun wandere mit deiner Aufmerksamkeit durch den Körper. Wo fühlst du Anspannung, wo fühlt es sich ver-spannt an, hast du irgendwo Schmerzen? Wo genau befinden sie sich? Du kannst jetzt in die verspannten und schmerzhaften Stellen hineinatmen. Mache dir bewußt: "Ich kann meinen Körper beobachten, also bin ich mehr als mein Körper."

 

Und wenn Gedanken aufkommen, dann mache dir bewußt, dass du denkst und lasse diese Gedanken einfach vorüberziehen, ohne dich weiter mit ihnen zu beschäftigen. Mache dir bewusst: "Ich kann meine Gedanken beobachten, also bin ich mehr als meine Gedanken."

 

Und genauso kannst du deine Stimmungen und deine Gefühle wahrnehmen und zur Kenntnis nehmen, ohne dich damit weiter befassen zu müssen, warum du dich fühlst, wie du dich gerade fühlst. Es darf einfach alles so sein, wie es gerade ist. Und du kannst dir auch hier bewußt machen: "Ich kann meine Gefühle und Stimmungen beobachten, also bin ich mehr als meine Gefühle und Stimmungen."

 

Wie fühlt es sich jetzt für dich an, diese beobachtende Haltung einzunehmen? Kannst du beobachten, dass du dich beobachtest?

 

Ich würde mich freuen davon zu erfahren, wie es dir mit dem inneren Beobachter geht und welche Erfahrungen du damit gemacht hast.

 

Alles Liebe

Kerstin

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Kerstin Saidykhan

Heilpraktikerin für Psychotherpie (HPG), Dipl. Sozialpädagogin, Dozentin


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